Am Freitag, den 10. Januar fand am Amtsgericht Freiburg ein Prozess gegen einen Antifaschisten aufgrund des Protestes gegen einen AfD-Aufmarsch im Oktober 2018 statt. Vorsitzende des Prozesses war Richterin Pfizenmaier, die Staatsanwaltschaft wurde von Frau Hennhöfer vertreten. Der Angeklagte Antifaschist wurde aufgrund angeblichem „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ (§113 StGB) zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 20€ verurteilt.

Dass der Prozess politischer Natur sein würde machte schon die Anwesenheit von Frau Hennhöfer, deren Abteilung sich um „linke politische Kriminalität“ kümmert klar. Auch Richterin Pfinzenmaier drohte sofort zu Beginn mit Ordnungsgeldern, sollte es zu kleinsten Störungen kommen. Der Prozess selbst konnte dann erst mit einiger Verspätung stattfinden, da die rund 50 solidarischen Prozessbeobachter*innen einer ausführlichen Kontrolle unterzogen wurden und es zu Beginn nicht genug Stühle für alle Anwesenden gab. Auch zum Prozess hatten es drei extrem Rechte Aktivisten der „Jungen Alternative“ geschafft, welche während dem Prozess relativ kleinlaut waren, dafür aber anschließend im Internet um so unflätiger gegen den Angeklagten hetzten.

Die Staatsanwaltschaft hatte nur einen Zeugen zu bieten: Ein junger und nervöser Bereitschaftspolizist aus Bruchsal, welcher mit seiner Einheit die extrem rechte Demo schützen sollte. Dieser konnte sich nicht an viel erinnern, erkannte den Angeklagten nicht wieder und konnte auch nicht viel zum konkreten Tatvorwurf aussagen.

Als Beweismittel dienten dann 3 Polizeivideoaufnahmen des Tages. Diese sollten nun von dem Zeugen kommentiert werden. Dieser erkannte sich selbst auf den Aufnahmen kaum wieder und musste von Richterin und Staatsanwältin mit viel Mühe zu den gewünschten Aussagen hingedrängt werden. Nach viel hin und her erklärte er schließlich es gebe in solchen Demo-Situationen eine klare Arbeitsteilung zwischen der ersten (passiven) Reihe der Gegendemonstranten – in welcher sich der Angeklagte befunden haben soll – und der aktiv drückenden Masse hinter dieser ersten Reihe.

In Anbetracht der dünnen Beweislage fragte die Verteidigung nach einer Einstellung des Verfahrens gegen eine Auflage, welche die Staatsanwaltschaft energisch ablehnte.

In ihrem Plädoyer machte die Staatsanwaltschaft nochmals deutlich, dass für sie die Schuld des angeklagten Antifaschisten klar und deutlich erwiesen sei. So soll er bewusst, mit erheblicher Kraft und aus einer kollektiv handelnden Gruppe versucht haben die Polizeikette zu durchbrechen, um den extrem rechten Aufzug zu blockieren. Sie forderte eine Strafe von 90 Tagessätze à 20€. Die Verteidigung verteidigte das Recht des Angeklagten an der antifaschistischen Gegendemonstration teilzunehmen und sah keinen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gegeben, sondern nur einen entschlossenen Protest.

Richterin Pfizenmaier folgte mit ihrem Urteilsspruch vollumfänglich der Staatsanwaltschaft und erklärte sie habe – nach unzähligen Sichtungen der Videos – den Angeklagten sicher wiedererkannt. Zudem hätte der Angeklagte nach dem vom Zeugen geschilderten „Drücksystem“ der Gegendemonstranten gehandelt. Politische oder moralische Überlegungen spielten in solchen Fällen keine Rolle, allein der polizeilichen Order keine Folge zu leisten und (passiv) gegen die Einsatzkräfte zu drücken sei als Widerstand zu werten – wenn auch, wie in diesem Fall, nicht in einem besonders schweren Fall. Zudem sei der Angeklagte schon einmal wegen einem versammlunsrechtlichen Delikt (Vermummung) verurteilt worden. Gnädigerweise sei von einer Freiheitsstrafe in Höhe von 6 Monaten, wie von einer noch höheren Geldstrafe abzusehen. Es blieb bei den 90 Tagessätzen à 20€.

Im ganzen Prozess war von Anfang ein klarer Verurteilungswille von Richterin und Staatsanwältin auszumachen. Es hat sich erneut gezeigt, dass die bürgerliche Justiz bereitwillig aktive Antifaschist*innen aburteilt und sich als wichtiger Baustein der Kriminalisierung antifaschistischen Widerstandes versteht. Die Cops prügeln extrem rechte Demos gegen tausende Gegendemonstranten durch, die Gerichte verurteilen die Festgenommenen bei bloß passivem Widerstand, um eine abschreckende Wirkung auf kommende antifaschistische Protestaktionen zu erzielen. Wir müssen uns immer wieder klar machen: Der Faschismus wurde nie durch die Institutionen des bürgerlichen Staates verhindert, sondern immer durch entschlossenen Widerstand und auf diesen reagiert der Staat immer mit Repression.

Falls ihr für den Angeklagten spenden wollt, könnt ihr dies gerne tun. Konto ist:

Inhaber: Rote Hilfe OG Freiburg
IBAN: DE47 4306 0967 4007 2383 64
BIC: GENODEM1GLS
Verwendungszweck: Antifa Freiburg