Am 26. Oktober wurde der Prozess gegen einen Besetzer der Kronenstraße 21 fortgeführt. Dieser wurde für eine friedliche Hausbesetzung zu einer verhältnismäßig hohen Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 40€ verurteilt.
Der im letzten Termin strittige Punkt ob der Eigentümer Maximilian Kehl berechtigt war einen Strafantrag zu stellen, konnte durch die Vorlage von Vollmachten geklärt werden. In ihrem Plädoyer erhöhte die politische Staatsanwaltschaft in Person von Herr Graulich die geforderte Strafe auf 100 Tagessätze und begründete dies mit der schwierigen Räumung durch eine teilweise Verbarrikadierung der Räumlichkeiten, sowie durch eine angebliche Gefährdung des speziell ausgebildeten SEK Kletterteams bei der Räumung der passiven & friedlichen BesetzerInnen vom Flachdach des Hauses. Erneut wollte die Staatsanwaltschaft die Hausbesetzung im Rahmen einer Reihe von “linksextremistischen Straftaten” im Rahmen der Squatting Days eingeordnet wissen. Besonders ärgerte sich Herr Graulich über die Nutzung des Prozess als politische Bühne gegen “Entmietung und Leerstand”.
Die Verteidigung stellte die Frage was eigentlich der Paragraf des Hausfriedens schütze? Das Eigentum oder den Frieden der HausbewohnerInnen. Sollte man letzteres annehmen müsste man sich die Frage gefallen lassen, welcher Hausfriede bei einem leerstehenden Haus denn gestört werde. Sie wehrte sich zudem gegen die tendenziöse Stimungsmache der Staatsanwaltschaft, welche dem Angeklagten am liebsten alle möglichen Straftaten in die Schuhe schieben wolle. Auch verteidigte sie das Recht des Angeklagten seine politische Motivation für die Tat im Rahmen des Prozesses ausführlich darzulegen.
Der Richter verurteilte den Angeklagten zu der ursprünglichen Höhe des Strafbefehls (90 Tagessätze). Seine Begründung war dabei nicht sehr überzeugend, beschwerte er sich doch vorallem über die doppelte Arbeit durch den Prozess, da alle vorgebrachten Argumente ihm schon bei der Unterzeichnung des Strafbefehls vorgelegen hätten, sowie über den aufwendigen Polizeieinsatz und die dadurch entstandene Verkehrsbehinderung in der Kronenstraße.
Das Urteil muss als klares Zeichen verstanden werden, dass die Richter am Amtsgericht Freiburg die hohen Strafforderungen der politischen Staatsanwaltschaft aus Karlsruhe abnicken werden. Die friedliche Protestform der Hausbesetzung soll weiterhin kriminalisiert werden, um mit möglichst hohen Geldstrafen weitere BesetzerInnen abzuschrecken. Dem Protest gegen Entmietung, Leerstand und Gentrifizierung soll damit der Stachel gezogen und das Recht der Eigentümer auf maximalen Profit gesichert werden – dies ist, was es schon immer war: Klassenjustiz.
RDL Bericht | Baden TV Süd Beitrag | Letzte Worte des Angeklagten:
“Die Anträge und Begründungen zur Abladung von Maximilian Kehl durch seinen Anwalt veranlassen mich dazu noch ein paar Worte zu sagen: Die Reaktion auf die Ladung zeigt, dass hier offensichtlich ein wunder Punkt bei Herrn Kehls Geschäften getroffen wurde und er sich stark dagegen wehrt damit in der Öffentlichkeit zu stehen. Um dies zu verhindern, zeichnet er ein ähnlich überzogenes Bild der Hausbesetzer*innen – sowie der linken Szene in Freiburg – wie dies üblicherweise von der Staatsanwaltschaft bekannt ist. Dass es bei der Besetzung nicht um Herr und Frau Kehl persönlich ging, sondern um Kritik an Wohnraumpolitik, hätte er wissen können, wenn er im Internet nicht nur nach verkauften T-Shirts recherchieren würde, sondern sich mit den Inhalten und Zielen auseinander gesetzt hätte.
Vielleicht ist sich Maximilian Kehl dabei aber auch seiner eigenen Scheinheiligkeit bewusst: Wirft man einen Blick auf seine Homepage, wird dort etwa mit „langen Mietzeiten“ geworben oder von sozialem Engagement geschrieben. Er wolle „nicht nur etwas zurückzugeben – sondern mit dem Engagement ein positives kulturelles und soziales Zeichen setzen.“ Auf der anderen Seite hat er in der Nachbarschaft nicht gerade ein gutes Standing. In Gesprächen mit ehemaligen Bewohner*innen und Anwohner*innen ist eine Frustration zu spüren. Es sind Worte gefallen, die ich hier nicht wiederholen möchte.
Allerdings scheint es auch so, dass sich Maximilian Kehl um seine Geschäfte fürchtet, sobald eine kritische Öffentlichkeit hergestellt wird. Das zeigt, dass Aktionen wie die Besetzung der Kronenstraße 21 durchaus eine politische Wirkungskraft entfalten können. Allerdings wirkt es für mich dabei so, als wenn sich Herr Kehl davor scheut für sein eigenes Handeln Verantwortung zu übernehmen und Reaktionen aushalten zu können.”